g00099 Torriani - Text

last modified:
10/31/11

g00099: Interview mit Vico Torriani

 

(announcer:) Das waren 'Heartaches' um 9 Uhr 20, nachempfunden vom Maria Stanz Orchester. So manches Herzklopfen hat bei vielen seiner weiblichen Zuhörer jener Künstler hervorgerufen, dem unsere nächsten Minuten gewidmet sind. Seit mehr als vierzig Jahren kennt man ihn als Sänger und vielzeitigen Show-Star, als Fernseh-Moderator, ebenso als Schauspieler, und Koch - den scheinbar ewigjungen Vico Torriani. Während neuer Musikaufnahmen in München sprach Franz Schmeidl mit dem Schweizer Allaround-Entertainer. (Schmeidl:) Ich begrüsse ganz herzlich in der Funkpost am Samstag auf Zwischenstation in München Vico Torriani. Herr Torriani, Sie hatten im letzten Jahr Ihren fünfundsechzigsten Geburtstag, und zu diesem Anlaß eine große Show in Wien. Da hat die Neue Zürcher Zeitung geschrieben, Sie seien ein Unterhalter, dessen Charme uns so unmittelbar anspricht, daß er es nicht nötig hat, mit ihm eitel zu spielen. Wie macht man das, wenn man so lange im Schaugeschäft ist, dass man immer so diesen Charme behält,  daß man immer so bleibt, wie man beim Publikum ankommt? (Torriani:) Ich glaube, Charme kann man nicht kaufen. Scharm hat man, oder hat man nicht. Es ist kein Nachteil, wenn man ihn nicht hat, aber es ist ein Vorteil, wenn man ihn hat. Und ich weiß eigentlich gar nicht so recht, warum die Leute sagen, ich hätte Scharm, aber es hattens mir so viele Leute gesagt, daß ichs langsam auch glaube. (Schmeidl:) Ja, Sie sind ja ein Multi, Künstler kann man sagen, Sie sind Sänger, Sie sind Schauspieler, Operettentenor, Sie sind Fernsehmoderator gewesen, sind darüberhinaus auch als Koch und als Kochbuchautor aufgetreten. Was war für Sie das Wichtigste? (Torriani:) Das Wichtigste für mich ist, im Grunde genommen, immer das, was gerade Erfolg hat. Es ist halt so, ich hatte doch sehr viel Glück. Ich meine, der erste Glücksgedanke war ja der, daß ich nach Deutschland kam, wo niemand überhaupt auf die Idee kam, nach Deutschland zu gehen. Vielleicht war ich sogar Ihr erster Gastarbeiter, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall, ich wollte herkommen, ich bin hergekommen, ich wurde mit offenen Armen überall aufgenommen. Ich habe dann die Chance gehabt, die ersten Nachkriegsfilme zu drehen. Dann kam das Fernsehen, ich habe schon die ersten Fernsehserien gemacht, mit zum Beispiel 'Hotel Viktoria', (Schmeidl & Torriani: sehr erfolgreich) ich möchte sagen, das war meine beste Show. Der goldene Schuß war die populärste. Begonnen habe eigentlich ich nämlich mit zwei Sachen, mit Chansons und mit Folklore. Ich war, der, Foklore habe ich immer mit hineingemischt. Und wie ich dann eine Zeitlang nur Theater spielte, nur Musicals und so weiter, und die Platten überhaupt nicht mehr liefen, habe ich plötzlich ein Lied, ein Folklorelied bekommen, von Walter Geiger, La Pastorella, und das hat achteinhalb Millionen Tonträger verkauft. (Schmeidl:) Es ist ein Lied, das immer mit Ihnen verbunden sein wird, genau wie 'Kalkutta liegt am Ganges', zum Beispiel, oder Café Oriental (Torriani: So ist es.) (Schmeidel:) wenn ich daran denke. Aber im Volksliedbereich, ist Ihnen da zugute gekommen, daß Sie Schweizer sind, daß Sie doch viele Lieder aus Ihrer Heimat hereinbringen konnten? (Torriani:) Vielleicht sind es nicht die Lieder selbst, aber was mir wahnsinnig zugute gekommen ist, sind die Sprachen. Ich bin in Genf geboren, ich bin in St. Moritz aufgewachsen, ich wohne im italienischen Teil, und habe eine deutschsprachige Frau. (Schmeidl:) Sie sind ja eigentlich gelernter Hotelfachmann, Koch, Konditor, und haben den Beruf auch vom Anfang ausgeübt, und sind, wenn ich recht informiert bin, eigentlich durch ein Unglück zur Musik gekommen, durch einen Unfall bei einem Manöver. (Torriani:) Ja, bei einem Manöver in der Schweiz. Da mußten wir mit Flammenwerfern schießen, bei es einem Kollegen von mir, habe ich gesehen, daß er brennt. Ich bin dann zu ihm [decides not to use 'gelaufen' or other verb of motion, backtracks] ich habe ihn zugedeckt, und es hat mir eine Flamme ins Gesicht geschlagen. Ich war dann sehr lange im Lazarett, und dort habe ich zwei Sachen geschenkt bekommen, die wichtig waren für mein Leben: erstens einmal eine Bibel, die ich sehr aufmerksam immer wieder gelesen habe. Das andere ist eine Gitarre. Das war dann der Anfang. (Schmeidl:) Was sind jetzt, wenn man in die Zukunft schaut, Ihre nächsten Pläne? Mit 65 hören viele zu arbeiten auf, sehnen sich zurück, gehen angeln, oder machen sonst irgend etwas. Was werden Sie tun? (Torriani:) Ja, also wenn ich angeln gehen würde, da würde ich sogar Peter Alexander treffen, das möchte ich auch jetzt wieder nicht so früh, denn er ist ja jünger und er versteht mehr vom Angeln. Auf der anderen Seite, wenn ich dieses Wort 'Ruhestand' höre, also das bringt mich fast um, das ist etwas Trauriges für mich. Ich möchte weiter machen, solange das Publikum mich verlangt, solang der liebe Gott mir diese Stimme beibehält, ich pflege sie auch sehr. Ich tue nämlich nichts für die Stimme, und das ist die Pflege, die ich mache, kein Schal um den Hals undsoweiter. Nächstes Jahr bin ich sehr stark ausgebucht, ich bin dreimal in Amerika, ich singe einmal in New Jersey, im Garden State, für - das ist ein Benefiz für blinde Kinder, für Amerika, und ich wollte das machen, weil mein Sohn jetzt in Amerika verheiratet ist. Aber ich habe etwas vor, in diesem Raum, im Bayerischen Raum, ich bin in Verhandlungen, und ich glaube, das sieht doch sehr positiv aus. Ich werde in der Spielsaison '87-'88 ganz in der Nähe, in einer Stadt, die Rolle von Maurice Chevalier in 'Gigi' spielen. Denn vorher für den Liebhaber war ich zu alt, für den Onkel war ich zu jung, und ich glaube, jetzt passt die Zeit gerade, und darauf freue ich mich. (Schmeidl:) Und wir freuen uns mit Ihnen, und warten darauf, daß es dann angekündigt wird. Ich danke ganz herzlich für dieses Gespräch, wünschen alles, alles Gute, und hoffe, dass wir uns irgendwann hier in München oder im Bayerischen Raum wiedersehen. (Torriani:) Und recht herzlichen Dank und (Swiss German greeting) 'Führti miteinand.'